D i e   G e s c h i c h t e   d e r   T a b a k d o s e
 

Der Schnupftabak hat in seiner mehr als 400jährigen Geschichte schon viel amüsantes und weltbewegendes hinterlassen. Vor etwa 100 Jahren wurden etwa 90% (!!!) des Wunderkrautes Tabak in die Nase der neuen Welt gesteckt oder gesogen!

Im 18. Jahrhundert hat die Prise allen Genüssen den Rang abgelaufen: Dem Rauchen, dem Kaffee und sogar dem Alkohol. Der Schnupftabak ist zur Wunderdroge geworden.

Schon damals war der schnupfende Zeitgenosse der weit angenehmere Mitmenschals der Raucher (gleich ob Zigarette, Zigarre oder Pfeife). In Bleidosen und Glasflaschen wurde das Nasenpulver in den Handel gebracht und die Behältnisse konnten beim Kramer nachgefüllt werden. 1726 fiel zum ersten mal das Wort "Tabatière" - natürlich in Frankreich, wo auf 14 Schnupfer ein Raucher kam. Sie hatte die natürliche Feuchtigkeit und das Aroma erhalten und war lange Zeit Privileg der "Oberen Zehntausend". Bald wurde die Tabakdose zum gesellschaftlichen Gebrauchsgegenstand.

Ab 1750 ließ sich der Siegeszug der kunstvollen Tabakdosen aus Gold, Silber Porzellan emailliertes Kupfer, Schildpat, Elfenbein, Bernstein, Malackut, Lapislaslazuli und Kristall nicht mehr aufhalten. Reizende Kokotterien, Schäferszenen und nackte Mädchen waren auf den Tabakdosen genauso begehrt wie Wappen Tiere oder das Portrait seiner Allerliebsten bis hin zu übelster Pornographie.

Die Tabakdose war etwas ganz persönliches. Sie war Bestandteil der Ausstattung und Kleidung. Die Aussage "zeige nur Deine Tabatière und ich sage Dir, wer Du bist" war keinesfalls scherzhaft gemeint.

Der Herr Direktor sitzt beim Wein
Und schaut gar sehr verdrießlich drein.
Das Auge schweift ins Grenzenlose;
Die Hand greift nach der Tabakdose.
Das wohlgeübte Fingerpaar
Erfaßt soviel, als möglich war.
Und sparsam, selbst im Überfluß,
Vertieft er sich in den Genuß.
Zwar fühlt er sich zunächst geniert,
Weil er nur halbe Wirkung spürt.
Doch soll ein mildes Nasenreiben
Die Sache fördern und betreiben.
Auch wird das Sacktuch, blaugeblümt,
Als Nasenfeile sehr gerühmt.
Und hilft auch alles dieses nicht,
So hilft ein Blick ins Sonnenlicht.
Die Spannung steigt, der Drang wird groß -
Nur still! gebt acht! - gleich drückt er los!
Haptschih!-Wer schnupft und dieses hört,
Der findet es beneidenswert.
Denn was die Seele dumpf umhüllt,
Wird plötzlich heiter, klar und mild.
Ja! - Sehr erheitert uns die Prise,
Vorausgesetzt, daß man auch niese!
   
Wilhelm Busch